Man muss sich von sich selbst
nicht alles gefallen lassen.
Therapiebegleitende Osnabrücker Persönlichkeitsdiagnostik
Die Therapiebegleitende Osnabrücker Persönlichkeitsdiagnostik ist ein neues Verfahren zur Ermittlung der Ursachen psychischer und neuropsychiatrischer Krankheitsbilder. Sie ermöglicht eine umfassende Prüfung der sieben Funktionsebenen der Persönlichkeit: Gewohnheitshandeln, Temperament, Emotion, Bewältigung, Motivation, Kognition und Selbststeuerung. Trotz der Analyse zahlreicher Einzelaspekte auf jeder dieser sieben Ebenen bleibt der Zeitaufwand für den Nutzer mit ca. 2 - 2,5 Stunden handhabbar.
Das Verfahren vermag aufzuspüren, welche Persönlichkeitsfaktoren als Ursachen einer möglichen psychischen Belastung, Störung oder Erkrankung in Frage kommen können und sichert somit einen effizienteren Zugang für einen profunden therapeutischen Arbeitsprozess. Wir setzen das Verfahren im Rahmen unserer logotherapeutischen Arbeit ein, um unseren Patienten eine umfassende Rückmeldung sowohl über akute Störfelder als auch Anregungen zur Prophylaxe geben zu können. Durch den Einsatz dieses Verfahrens sind wir in der Lage, unsere Logotherapie als Kurzzeittherapie definieren zu können, in der wir so wenig Zeit wie möglich mit einer Vergangenheitsbetrachtung aufwenden und so viel Zeit wie nötig für eine substanzielle Arbeit an der Lösung psychischer Belastungen.
Entwickelt wurde das Verfahren an der Universität Osnabrück unter der Leitung von Prof. Dr. Julius Kuhl. Er verband aktuellste Ergebnisse der Persönlichkeits- und Motivationsforschung mit der von ihm entwickelten integrativen Persönlichkeitstheorie mit dem etwas sperrigen Titel "Persönlichkeits-Systeme-Interaktionen-Theorie".
Im Unterschied zu klassischen Persönlichkeitstests liegt uns hier ein prozessorientiertes Verfahren vor, das Persönlichkeit nicht statisch als feste Struktur erfasst, sondern als Interaktion zwischen sich wechselseitig beeinflussenden Prozessen, von denen viele aktiv entwicklungsfähig sind. Im Rahmen der Besprechung des Therapiekonzepts informieren wir Sie im Detail über dieses neue Verfahren und stellen Ihnen das erforderliche Material für die Datensammlung zur Verfügung.
Die Theorie der Persönlichkeits-Systeme-Interaktionen von Prof. Dr. Julius Kuhl
Haben Sie bei anderen Menschen schon einmal von einer "starken Persönlichkeit", einer willensstarken Person oder einem leistungsstarken Mitarbeiter oder einem introvertierten Typen gesprochen? Wir kennen Zuschreibungen dieser Art in vielen Formen und jeder, der eine solche Wertung hört, ahnt, was da wohl gemeint ist. Mit der von Julius Kuhl, Inhaber des Lehrstuhls für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung an der Universität Osnabrück, entwickelten Theorie kann heute wissenschaftlich belegt werden, ob und in welcher Stärke ein derart wahrgenommenes menschliches Verhalten wirklich zutrifft.
Anders als in der weithin zu beobachtenden immer stärkeren Ausdifferenzierung in der psychologischen Persönlichkeitsforschung, setzt die von Julius Kuhl entwickelte Theorie auf eine Integration unterschiedlicher Persönlichkeitstheorien und Erkenntnisse aus der Forschung an komplexen kognitiven, affektiven und motivationalen Prozessen wie zum Beispiel der Umsetzung von Absichten und Vorsätzen oder der Integration neuer Erfahrungen in die gesamte Lebenserfahrung. Dieses umfassende Verständnis der Funktionen von Persönlichkeit ermöglicht heute bessere Befunde, wie Menschen wirksam gefördert werden können.
Im Kern sind es vier psychische Systeme, die miteinander interagieren und je nachdem, wie sie es tun, entsteht eine individuelle Persönlichkeitsakzentuierung. Die vier Systeme sind
- das Empfindungssystem mit seiner Prüffunktion,
- das Fühlsystem mit seiner Ratgeberfunktion,
- das Denksystem mit seiner Planungsfunktion und
- das System des Gewohnheitshandelns mit seiner Ausführungsfunktion.
Wenn Menschen zum Beispiel ihre Pläne, Absichten und Vorsätze in Handlung umsetzen wollen, so wird dies von allen vier Funktionssystemen und ihrem Wechselspiel beeinflusst.
- Die Ratgeberfunktion [Fühlsystem] wirkt weitgehend aus dem Unbewussten heraus. Dieses psychische System beinhaltet die ganze bisherige Lebenserfahrung eines Menschen, es kennt seine Bedürfnisse und die des sozialen Umfelds und ist insbesondere die Heimat der Werte. Will der Mensch mit Sinn erfüllte und emotional befriedigende Handlungsweisen vollziehen, so muss dieses System aktiv sein.
- Die Planungsfunktion [Denksystem] ist das System, das es dem Menschen erlaubt, anspruchsvolle Vorhaben zu planen und schwierige Absichten im Gedächtnis zu behalten, bis sie umsetzungsreif sind.
- Die Ausführungsfunktion [Handlungssystem] erlaubt es schließlich, Pläne und Absichten auszuführen und Routinen quasi gewohnheitsmäßig zu erledigen.
- Die Prüffunktion [Empfindungssystem] ermöglicht es, Fehler, Misserfolge oder allgemein alles, was für den Menschen "nicht in Ordnung" ist zu erkennen. Dieses System ist die Grundvoraussetzung für Lernen und Persönlichkeitsentwicklung. Unser Verhalten und unser Erleben werden stark davon beeinflusst, mit welchem System oder welchen Systemen wir bevorzugt an vertraute und neue Situationen herangehen. Je nach "Bevorzugung" können daraus individuelle Stärken erwachsen - leider aber auch pathologische Persönlichkeitsakzentuierungen.
Jedes System ist ferner mit Affekten und Stimmungen verbunden. Das Fühlsystem ist aktiv in entspannt-gelassener Stimmung, das Denksystem in sachlich-nüchterner Stimmung, das Handlungssystem in positiv-freudiger Stimmung und das Empfindungssystem in negativ-ernster Stimmung. Die Verbindung der vier Funktionssysteme mit Affekt- bzw. Stimmungslagen ist eine der zentralen Besonderheiten der Theorie von Julius Kuhl. So fand er heraus, dass jedes System Stimmungen aktiviert und umgekehrt aber auch durch Stimmungen aktiviert wird. Affekte und ihre Regulation erfahren besondere Bedeutung insbesondere dann, wenn ein Mensch eine schwierige Lebenssituation bewältigen will. Gewinnen Affekte die "psychische Oberhand", dann steuern auch die mit ihnen verbundenen Systeme den Menschen. Gelingt jedoch Affektregulation - Viktor Frankl sagt dazu: "Sie müssen sich doch nicht alles von sich selbst gefallen lassen" - dann ist der Weg geebnet für die Möglichkeit einer Sinnfindung und der damit verbundenen Option einer Werteverwirklichung sowie in ihrer Folge auch der Verbesserung der psychischen Verfasstheit des Menschen.
"Am Ende des Tages zählt nur die Handlung" - um handeln zu können, braucht es eine handlungssteuernde Motivation. Jeder Mensch hat ein individuelles und sich im Zeitverlauf auch veränderndes Set der Bedürfnisbefriedung
- nach Nähe und sozialem Anschluss [Bindungsmotiv],
- nach Leistungserbringung, Lernen und Kompetenzerwerb [Leistungsmotiv],
- nach Durchsetzen und Beeinflussen [Machtmotiv] und
- nach freiem Selbstsein [Freiheitsmotiv].
Werden aus Bedürfnissen dann Motive, so lenken diese die Aufmerksamkeit und Emotionen und lassen den Menschen meist so handeln, dass es ihm psychisch gut geht. Können die Bedürfnisse jedoch nicht angemessen befriedigt werden, so kann die Person darauf entweder triebhaft reagieren [sie zeigt dann ein Verhalten mit sogenannter Erstreaktion] oder die Person steuert sich so, dass sie ihre Affekte [z.B. Ärger, Zorn, Frust ...] reguliert und ein Verhalten [sogenannte Zweitreaktion] zeigt, dass nicht negativ spontan, sondern positiv souverän ist.
Inwieweit eine Person in der Lage ist, Erstreaktionen in Richtung Zweitreaktion zu steuern, zeigt neben vielem anderen mehr die Auswertung der Therapiebegleitenden Osnabrücker Persönlichkeitsdiagnostik. Ihre Ergebnisse sind für uns unerlässlich, um eine individuell zielgerichtete, effiziente und effektive therapeutische Behandlung zu konzipieren.
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